
Acid, Bass & Zappeln. Keine Halben Sachen
Anton Fery„Alles war nur fast. Fast krass, fast echt. Ich fühlte mich nie 100% richtig“ reklamiert Robin, der 15 Jahre alt ist und sich in einer Kleinstadt langweilt. Er sucht, was wohl die meisten Jugendlichen suchen: den Sinn des Lebens, Flucht aus dem Alltag und natürlich Abenteuer. Er ist – das Jugendwort des Jahres 2020 drückt es wohl am besten aus – lost. Bis er auf Leo trifft, der Robins Sehnsüchte verkörpert und ihm zeigt: „Die halben Sachen waren vorbei.“ Mit ihm raucht Robin das erste Mal, trinkt billigen Weißwein, nimmt Drogen, verliert sich immer mehr und stürzt ab. Erst kurz vor dem Aufprall findet er wieder zu sich.Leos Odyssee wird als Kooperation vom Jungen DT und LesArt auf die Bühne gebracht, also eigentlich vor die Bühne, oder gleich vor das ganze Haus. Denn als pandemiegerechtes Theater findet die szenische Lesung von Antje Herdens Roman „Keine halben Sachen“ auf dem Vorplatz …

Definitionszwang und Schwimmen in der Ungewissheit
Tanja Hoppler© Studierenden Theater Zürich)Das Zuschauerlicht erlischt, beleuchtet wird ein minimalistisches Bühnenbild, ein Baugerüst. Menschen treten in einer schönen Anordnung auf die Bühne. Mein erster Gedanke: Ein Chor? Ein Pulk? Meine Vorahnung wird bestätigt. Erst sprechen einzelne, dann werden Wortfetzen wiederholt, es wird chorischer, bis die geballte Kraft des Chores hervorbricht.Ein schönes Intro.Ich werde dann in eine Szenerie geworfen, in der ein Vater sein Kind umgebracht hat. Mit Strychnin. Ein stark wirkendes, tödliches Gift. Kindsmord? So klar scheint das nicht zu sein. Nicht die Tatsache des Mordes, sondern ob es sich wirklich um ein Kind handelt. Denn dieses Kind weist affenähnliche Züge auf. Der Doktor ist sich erst unsicher, ob er den Tod dieses Wesens wirklich feststellen soll und kann. Ist es ein Mensch, ist der Vater zu bestrafen, ist es ein Affe, wäre das Ganze ja nicht so…

«Frühlings Erwachen ist abgesagt, aber wir müssen reden.»
Julius E. O. FintelmannUnd zwar über Sex. Über Pornographie und über Jungfrauen & -männer. Über Masturbation und Missbrauch von Machtpositionen. Über buttplugs und Tantra. Und vor allem: Über Lust.Das Dream-Team bestehend aus der Regisseurin Suna Gürler und dem Autor Lucien Haug liefern mit Frühlings Erwachen ein Spektakel. Das Ensemble, bestehend aus sechs Jugendlichen und jungen Erwachsenen und einem Ensemble-Schauspieler des Schauspielhaus, hat das Stück gleich zweimal einstudiert – im Frühling standen sie kurz vor der Premiere. Der Text, entstanden während des Probenprozesses und das Stück wurden in den letzten Wochen überarbeitet und jetzt mit teilweise neuem Cast im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt.© Zoe AubryDie sechs Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Streetwear und Trainingskleidern stürmen auf die weisse Treppe, auf der in den nächsten 90 Minuten gespielt wird und es geht direkt los. Sie…

ASKESE ASKESE, BABY!
Magdalena GräslundDas Kind ist in den Brunnen gefallen, es führt kein Weg umhin: Wir müssen verzichten, wegstecken, unsere innigsten Bedürfnisse und Neigungen in die Tiefen der verbotenen Schublade vergraben. Wir müssen LEIDEN. Ja, es tut weh, wenn nur sieben Zuschauer*innen im Publikum sitzen dürfen. Ja, die spontane Seele schmerzt, wenn sie ihren Pappbecher erst beschriften muss. Und ja, das ist Schweiß an meiner Mund-und-Nasen-Maske, der mir gerade die Nasenspitze runtergetropft ist. Theater halbtot, Kantine zu und der Saal leer. Der Klimax an Leid jedes kulturinteressierten Herzens. Was aber am meisten schmerzt ist das harte Urteil der Vernunft, das alle Einbußen so klar und plausibel darstellt und den ihr entgegengesetzten Widerwillen ein bockiges Kind nennt. Dilemma! Interessenswiderspruch! Und wieder ist die Vernunft ein böser Zauberer, die grimmige Gewalt, ein kleiner Grießgram, diese Spielverderb…

Der Grosse Marsch - Unitheater Basel
damianschmidEs ist mir eine Ehre, einen Gastbeitrag für das Intrige Magazin verfassen zu dürfen. Als Mitglied des Unitheater Basel, von dessen aktueller Herbstproduktion der anschliessende Text handelt, bin ich der Thematik gegenüber jedoch keineswegs neutral eingestellt, weswegen die folgenden Ausführungen weder als sachliche Kritik, noch als subjektive Beschreibung zu missverstehen sind. Ich bitte die Lesenden deshalb, den Artikel als eine imaginierte Wunschkritik oder eher noch als Anpreisung zu lesen.Der grosse Marsch – Unitheater BaselEin unorganisierter Haufen betritt die Bühne und bemüht sich ungeschickt in eine Reihenformation, die quer im Raum steht. Es folgt Jazz.«Meine Mutter sagt:Dein Zimmer ist unordentlich! Räum es auf!Ich räume es aber nicht auf.»Der grosse Marsch beginnt mit kindlichem Trotz und geht nahtlos über in den Auftritt des verunsicherten Autoren, der dem Publikum glei…