Im Rahmen des Theaterfestivals Basel ist die südafrikanische Schauspielerin und Autorin Buhle Ngaba mit ihrer Solo-Performance Swan Song zu sehen. Darin erzählt eine Frau die Geschichte ihres Erwachsenwerdens mit ‘Schwanenflügeln’. Das Publikum reist mit ihr zurück in ihre Kindheit und erlebt Scham und kindliche Freude, aber auch Trauer über einen Körper, der von gängigen Schönheitsidealen abweicht.
Als das Publikum den Aufführungsraum im Jungen Theater Basel betritt, steht die Protagonistin bereits auf der Bühne. Langeweile spricht aus ihrer Körpersprache, während sie beobachtet, wie das Publikum seine Plätze einnimmt. Ab und zu ein Winken oder ein kleines Lächeln. Bereits hier wird eingeführt, was sich durch das ganze Stück zieht: Auf der Bühne steht eine sehr kindliche Figur, die scheinbar zufällig mal hierhin, mal dorthin wandert, während sie, vollkommen ins Spiel versunken, nebenher ihre Geschichte erzählt.
Schambehafteter Körper
Die Protagonistin wurde mit abstehenden Schulterblättern geboren, die sie liebevoll ihre ‘Schwanenflügel’ nennt. Dieser Flügel wegen erfährt die junge Frau körperliche, aber auch seelische Einschränkungen. «Für ihn gab es nur ihn und mich. Für mich gab es ihn, mich und meine Flügel», sagt sie, als sie von ihrer ersten grossen Liebe erzählt. Das Verhältnis zu ihren Flügeln ist jedoch nicht nur von Scham geprägt: Besonders schön anzusehen sind die Szenen, in denen sich die Frau ihre Flügel aneignen kann und in sich selbst einen wunderschönen Schwan erkennt. Die Schwanenflügel sind übrigens auch als Requisiten auf der Bühne zu sehen. Die Protagonistin tanzt mit ihnen, streichelt und bewundert sie. Auch gestaltet sie faszinierende Lichteffekte, wenn sie mit einer roten Taschenlampe durch das papierne Material hindurchleuchtet. Die filigranen Lichtmuster auf den Flügeln fügen sich gut in den Rest des Bühnenbilds ein, der sehr einfach gehalten ist. Ausser einem Stuhl und einem Turm aus Büchsen mit Fertigtomatensuppe ist die Bühne leer. Ab und zu gibt es grossflächige Projektionen auf die hintere Wand. Sie brechen die sonstige Schlichtheit des Bühnenbilds, was etwas schade ist. Ngaba spielt während ihrer Performance viel mit dem Publikum. Sie spricht es direkt an, interagiert mit Blicken. An mehreren Stellen hört man Leute kichern, beispielsweise über die Unverblümtheit, mit der Buhle Ngaba sexuelle Lust auf die Bühne bringt und sich übertrieben ekstatisch auf dem Boden windet. Erheiternd ist es auch zu sehen, wie Ngaba ihre Worte immer wieder mit Tanzeinlagen illustriert, beispielsweise als sie den Balztanz der Schwäne nachstellt, selbstverständlich zur Musik von Tschaikowskis Schwanensee. Die Scham über die Schwanenflügel nimmt schliesslich Überhand. In einer eindrücklichen Szene, in der auch ein Schattenspiel zum Einsatz kommt, schildert die Protagonistin die Operation, während derer ihre abstehenden Schulterblätter geradegerückt werden. «Was ist schon ein Schwan ohne Flügel?», fragt sie verzweifelt, als ihre körperlichen Wunden verheilt sind und sie bemerkt, wie sehr sie ihre Flügel vermisst. Buhle Ngaba ist mit Swan Song ein mitreissendes Werk gelungen, das zwar von Scham und Trauer, aber auch von grosser (Selbst-)Liebe und Freude erzählt. Entsprechend begeistert fällt auch der Applaus aus, als das Stück nach 45 kurzweiligen Minuten endet.