Die Padelhalle wurde zu einem gemütlichen Garten hergerichtet, in dem sogar ein kleiner Teich steht. Bassow, der Gastgeber, bietet dem Publikum etwas Wein an, verteilt Trauben und Chips. Ich habe mich anfangs mehr wie ein Gast gefühlt, als eine Zuschauerin. Das ganze Ambiente ist sehr vertraut und angenehm. Immer mehr Schauspieler*innen kommen auf die Bühne, welche allesamt zu Beginn im Publikum sassen. Sie fangen noch im Sitzen an zu sprechen und bahnen sich ihren Weg auf die Bühne. Es entfalten sich mehrere kleine Geschichten, die sich mit der Zeit zu einem Bild zusammenfügen. Ich muss ehrlich sagen, in den ersten zwanzig Minuten habe ich kein Wort verstanden, das gesagt wurde. Es hat für mich keinen Sinn ergeben, da ich nicht gesehen habe, was wie zusammenhängt. Jedoch erfahren die Zuschauer*innen durch Einzelszenen zwischen den Charakteren, wer mit wem eine Affäre hat, wer mit wem Streit hat, oder wer schon lange auf wen steht. Szenen wechseln, indem Musik anfängt zu spielen und die Schauspieler*innen im Takt an eine andere Stelle gehen, Requisiten entweder mitnehmen oder wegstellen. Auf diese Art wird fliessend von eine in die andere Szene übergegangen, ohne dass man einen Vorhang oder ähnliches ziehen muss.
Was alles auf der Bühne steht, raubt mir hin und wieder meine Konzentration. Mir springt immer wieder ein neues Detail vor die Augen. Der Teich scheint tiefer zu sein, als er aussieht und irgendwann brennt sogar ein echtes kleines Lagerfeuerchen vor sich hin, das aber schnell wieder ausgelöscht wird. Das ganze Stück ist eingehüllt in poetische und philosophische Phrasen, von denen manche mir echt zu denken gaben. Pasov fragt einmal: «Das Leben ist doch eine angenehme Beschäftigung, oder?» und ich ertappe mich, wie ich fünf Minuten lang die Aufmerksamkeit verliere, weil ich kurz darüber nachdenken will. Der Satz passt in das Stück. Vielleicht sogar besser als manch andere Dialoge. Denn irgendwie beschreibt er genau, was eine Stunde lang auf der Bühne abgeht. Viele Höhepunkte hat das Stück nämlich nicht, es passiert nicht viel, ausser dass sich alle mal mit allen aussprechen. Die Leute auf der Party, scheinen einfach da zu sein und sich mit sich selbst zu beschäftigen. Als würde ihnen egal sein, ob sie jetzt glücklich sind oder traurig, hauptsächlich wollen sie einfach beschäftigt sein und sich nicht allzu sehr mit dem Leben auseinandersetzen. Ein bürgerlicher Kreis der Selbstbestätigung. Diesen müssen sie erst mit dem Einfluss einer bestimmten, gebildeten Frau durchbrechen.
Mehr will ich aber nicht verraten, das Stück wird noch sechsmal bis Mitte Oktober aufgeführt. Bis dahin: Geniesst die letzten Sommertage!
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Die Verwandlungen
Sari PamerBraucht es Musik, Kostüme oder ein Bühnenbild für ein Tanzstück? Ein klares Nein liefert die Jungchoreografin Clara Delorme mit ihrem Stück L’albâtre an den Swiss Dance Days 2022 in Basel.© Philippe WeissbrodtEin nackter weisser Körper auf weissem Tanzboden, der nur leicht pulsiert. Im leeren Raum herrscht fast völliger Stillstand, bis sich die Tänzerin nach einigen Minuten zu bewegen beginnt. Ihr Körper verwandelt sich zu einem scheuen Tier, dass das Publikum misstrauisch betrachtet, immer bereit zur Flucht. Wird später zur Skulptur einer ägyptischen Vase oder zur gesteuerten Marionette. Delorme spielt mit verschiedenen Assoziationen, transformiert ihren Körper nur durch Bewegungen auf beeindruckende Weise.Die Verwandlungen funktionieren über minimale Gesten und Bewegungen, indem die Tänzerin wie ein schreckhaftes Reh auf das Lachen im Publikum reagiert. In anderen Szenen ist der Körp…

Eine erfahrungsreiche Freundschaft
Isabel Sulger BüelEin heftiger Wintersturm in einem Weckglas und Gesänge tobender Winde hallen durch den Theaterraum. Es muss kalt sein, denn die Darsteller:innen reiben sich die Hände und kuscheln sich aneinander. Kurz darauf nimmt Benno Muheim die Wolfmaske auf und kämpft als Wolf gegen den Wind an. Die Windböen drängen ihn jeweils zurück, doch wenn der Wind stiller wird, kämpft er sich vor. Der Wolf hat Hunger und sucht etwas zu Essen. Dann erscheint auf der rechten Bühnenseite ein Schaf. Es lebt geborgen mit seinen Freunden dem Hahn und dem Ochsen im Stall. Es kann wegen dem Sturm nicht schlafen, auch nicht als der Ochse ihm ein Schlaflied singt. Das Stück Ein Schaf fürs Leben von Hand im Glück fängt stürmisch an.© Hans SchneckenburgerWolf und Schaf gehen auf AbenteuerDer Wolf findet den Stall und sieht darin den Ochsen «ui», den Hahn «wäck» und das Schaf «Glück gha». Als der Wolf durch die Tür gu…

Die Vielfältigkeit des Frauseins
Isabel Sulger BüelEs ist ein kunterbuntes Treiben im Theaterstück (B)locked, ein Treiben im Raum. Ein Treiben in einem geschlossenen Raum, aus dem die sechs Frauen erst nach zwei Tagen herauskommen. Auf animierende und berührende Weise zeigt dieses Treiben die facettenreiche Welt von unterschiedlichen Frauen auf.© Flo BrunnerMitten im Stück seinDas Konzept ist einfach genial. Das Publikum steht im Raum und kann sich setzen, muss aber nicht. Die Spielorte sind im ganzen Theaterraum verteilt. Im Zuschauerraum, auf der Bühne, oben auf der Estrade und hinter einem Vorhang. Das Publikum bewegt sich um die Spielorte herum. Das dynamische Spiel beginnt unerwartet. Plötzlich sind auffällige Personen im Raum, die das Publikum grüssen. Ich habe einen Moment gebraucht, um zu verstehen, dass dies die Protagonist:innen des Stücks sind.Sie grüssen vereinzelt Personen im Publikum, bevor sie zueinanderfinden und das S…