Ein heftiger Wintersturm in einem Weckglas und Gesänge tobender Winde hallen durch den Theaterraum. Es muss kalt sein, denn die Darsteller:innen reiben sich die Hände und kuscheln sich aneinander. Kurz darauf nimmt Benno Muheim die Wolfmaske auf und kämpft als Wolf gegen den Wind an. Die Windböen drängen ihn jeweils zurück, doch wenn der Wind stiller wird, kämpft er sich vor. Der Wolf hat Hunger und sucht etwas zu Essen. Dann erscheint auf der rechten Bühnenseite ein Schaf. Es lebt geborgen mit seinen Freunden dem Hahn und dem Ochsen im Stall. Es kann wegen dem Sturm nicht schlafen, auch nicht als der Ochse ihm ein Schlaflied singt. Das Stück Ein Schaf fürs Leben von Hand im Glück fängt stürmisch an.

Wolf und Schaf gehen auf Abenteuer
Der Wolf findet den Stall und sieht darin den Ochsen «ui», den Hahn «wäck» und das Schaf «Glück gha». Als der Wolf durch die Tür guckt und dem Schaf sagt, dass er Hunger hat, lädt ihn das Schaf zum Essen ein: «Mir hei Hafer, Heu, trochnigs Brot u feini Chörnli». Leider ist nichts davon für den Wolf. Mit dem Versprechen auf Erfahrung und Schlitteln lockt der Wolf das naive Schaf aus dem Stall. Das Schaf will die Welt entdecken, der Wolf das Schaf fressen. Zusammen, der Wolf dichtend und das Schaf singend, machen sie sich auf den Weg. Das Schaf sitzt auf dem Schlitten und der Wolf zieht es den Hügel hoch und fragt sich, was sein Vater dazu denken würde. Er scheint in seinen Familienstrukturen tief verwurzelt zu sein. Trotz seinem Hunger und der Erziehung durch den Vater kommt der Plan des Wolfes anders, denn das Schaf rettet ihm das Leben und der Wolf gerät in einen Konflikt.
Neue Perspektiven aufzeigen
Die Theateradaption des Kinderbuchs Ein Schaf fürs Leben oszilliert zwischen unterschiedlichen Ebenen, von den Masken der Figuren über die Darsteller:innen, zu den Bäumen auf der Bühne und weiter auf die Leinwand am hinteren Ende. Dabei fliessen die Ebenen dynamisch von der einen in die nächste und wieder zurück. Manchmal sind die grossen Masken im Fokus, manchmal die kleinen und dann wieder deren Schatten, welche an die Leinwand geworfen werden. Auch das körperliche Schauspiel der Darsteller:innen trägt zur Handlung bei. Das Highlight ist die Schlittenfahrt der ungewöhnlichen Freunde, die auf die Leinwand projiziert wird und das ganze Publikum lachen lässt. Sie gleicht einer Achterbahnfahrt.

Kindergerechtes Theater
Hand im Glück ist erneut ein Theaterstück gelungen, welches zwischen Witz und Tiefe die Balance hält und dabei neue Perspektiven im Umgang mit Konventionen auftut. Sie zeigen ein Theaterstück für Kinder ab fünf Jahren, in dem es um Resilienz, Wagemut und persönliches Wachstum geht. Beide, der Wolf und das Schaf, emanzipieren sich während des Stücks, denn der Wolf überwindet Konventionen und das Schaf gewinnt Erfahrung. Dabei wirkt der Wolf niemals böse, nur die eigene Konditionierung steht da einer erwachsenen Person situationsweise im Weg. Eigentlich verbreitet der Wolf mehr Witz als Angst, zum Beispiel wenn er sich kurz darüber Gedanken macht, wie einsam sein Leben ohne Schaf wieder sein wird.