«Warum sitzt ihr noch im Unterricht? Greta Thunberg kommt nach Zürich! Heute! Um neun Uhr beginnts! Los!»
Drei Klimaaktivist*innen einer Outreach-Gruppe vom Klimastreik stürmen in ein Klassenzimmer. Ihre selbstaufgestellte Regel: Jede*r bringt jemand anderen zum Klimastreik mit, dann sind sie schon doppelt so viele.
Die drei Streikenden, das sind Betty, auf Instagram über 5000 Follower*innen und zuhause an der Goldküste; Alina, von ihren Eltern verwöhnt und überzeugt von der Rettung der Welt; ihr Cousin Claudio, Fachmann Gesundheit in Ausbildung und das «Normalo»-Korrektiv der Gruppe.
Allerdings sind sich die drei nicht einig. Schnell werden die unterschiedlichen Motivationen klar, warum an den Streik gegangen wird. Alina beispielsweise ist hochmotiviert und kämpft mit aller Leidenschaft gegen die Klimakrise. Claudio ist vor allem mitgekommen, weil Alina ihn aufgefordert hat. Betty hingegen freut sich vor allem darauf, dass Greta Thunberg zum Streik kommt und weiss auch schon, was sie als Instagram-Caption unter das gemeinsame Selfie schreiben wird.
Allerdings kommt Greta in GRETA kaum vor. Es geht – so steht es auch im Programmheft – stattdessen um drei junge Menschen aus Zürich und ihren Platz in der Welt und ihre Position im Streik und im Kampf gegen den Klimawandel.
Der Text von Autor Lucien Haug und Regisseurin Suna Gürler für GRETA ist hauptsächlich in den Proben mit den jungen Spielenden zusammen entstanden. Das merkt man deutlich am rasanten Tempo der Sprache. Ich habe nach dem Stück circa fünfzehn Zitate in meinen Notizen, die es alle wert wären in diesem Artikel zu stehen. Die drei Spielenden rechnen mit allem und mit sich selbst ab: ökologisch abbaubare Zuckerrohrflaschen kommen vor, Eltern, die Alina mit dem Jeep aus dem Klimacamp abholen («Sie können sich auch für eine gute Sache einsetzen, ohne dass Sie Buddha sind.»), ebenso wie wohltuend amüsantes Goldküsten-Bashing («In Küsnacht kennt man nur seine Nanny.»).
Es wird auf einmal ganz anders, wenn nach der «Trauerrede auf die Erde», die von Alina und Betty gemeinsam vorgetragen wird, das ganze Klassenzimmer ruhig ist.
GRETA beleuchtet das wohl am meisten diskutierte Thema unter Jugendlichen in allen Gesichtspunkten. Genau so, wie vermutlich die meisten jungen Menschen darüber sprechen würden: Dass es eben doch vor allem ein Ding für Gymnasiast*innen ist, da es für junge Menschen in Ausbildung eben nicht so einfach ist zu fehlen, sei es noch so wichtig.
Aber auch grundlegende Fragen werden gestellt, z.B. wie weit denn gegangen werden darf. Extinction Rebellion und polarisierender ziviler Umgehorsam oder doch lieber nur streiken, dafür aber ohne grosse Provokation?
Rein in die Entscheider-Zimmer!
GRETA ist ein Stück fürs Klassenzimmer. Allerdings wäre gerade dieses Stück nicht nur für diesen Raum angebracht. Es müsste rein in die – meist männlich besetzten – Entscheider-Zimmer (beispielsweise UBS, Credit Suisse, etc.) dieser Welt. Den dort Sitzenden muss beigebracht werden, wie wichtig der Klimastreik ist und dass letztendlich sie es sind, die etwas verändern müssen. Und wie besser, als durch ein solches Stück, von Jugendlichen von heute über ihre Zukunft? Und ja, das ist wohl Wunschdenken, aber ein wenig Optimismus ist vielleicht ja noch angebracht.
Für Lehrer*innen: Sie können GRETA auch in eine Schulstunde einladen – es dauert genau eine Lektion. Das Stück bringt Ihren Schüler*innen mindestens genauso viel wie eine Physikstunde und es muss noch nicht einmal jemand fehlen dafür!
Und für alle anderen, die nicht auf der Schulbank sitzen: Es gibt auch einige öffentliche Aufführungen. Hingehen!