Die Geschichte des Schellenursli mag wohl den meisten Kindern in der Schweiz ein Begriff sein. Meine Behauptung. Ich auf jeden Fall, kenne die Geschichte sehr gut und war darum einmal mehr glücklich darüber, mir die Kinderoper im Theater Basel ansehen zu dürfen.
Schon beim ersten Blick auf das Bühnenbild wird mir warm ums Herz. Schon lange nicht mehr habe ich eine meiner Kindheitsgeschichten inszeniert gesehen und ich fühle mich gleich ein bisschen zurückversetzt. Auf der Bühne wird eine Art Heubühne geschaffen. Das Bühnenbild ist aber auch sehr neutral, da sich verschiedene Szenen an verschiedenen Orten abspielen und es immer zur Szene passt. Inmitten der Holzkisten und Planken befindet sich eine Tür, welches gleichzeitig das Zuhause von Onkel Gian darstellt, wie auch das Versteck des Winters. Da sich die Geschichte Ende Winter abspielt, liegt ein bisschen Kunstschnee herum, jedoch erinnert am Anfang alles schon eher an Frühling. Das mag aber auch daran liegen, dass die Spieler*innen kurze Kleidung tragen, welche aus Jeans geschneidert sind. Ursli trägt kurze blaue Jeans und einen blauen Pullover, während seine Schwester Flurina ein Jeanskleid anhat. Seine Freunde aus der Schule sind auch allesamt in Jeans gekleidet, was auf mich einen passenden Eindruck macht.
Von Plumpas und dem Winter
Für alle, die den Schellenursli nicht kennen folgt nun eine kurze Zusammenfassung. Die Geschichte spielt sich in der rätoromanischen Schweiz ab und dreht sich um einen kleinen Jungen namens Ursli. Jedes Jahr wird der Winter von den Kindern im Dorf ausgeläutet, in dem sie mit Glocken durch das Dorf schreiten. Ursli freut sich dieses Jahr besonders darauf, denn Onkel Gian hat ihm versprochen, dass er die grösste aller Plumpas bekommen soll. Als es dann jedoch so weit ist, ist keine Glocke für Ursli mehr übrig und er bekommt eine kleine Schelle. Seine Mitschüler finden das ultra lustig und lachen ihn aus, sie geben ihm den Spitznamen "Schellenursli".
Ursli ist verständlicherweise traurig und verärgert und er beginnt, einen Plan auszuschmieden. Er weiss, dass es im Dorf weiter unten im Tal, eine grosse Glocke gibt, welche die grösste und schönste von allen ist. Er will sie klauen und damit am nächsten Tag in der Schule angeben.
Er macht sich also auf den Weg durch die Berge während es beginnt, wieder ein bisschen zu schneien. Seine Schwester Flurina bemerkt sein Vorhaben und macht sich auf die Suche nach ihm. Auf seinem Weg trifft Ursli auf den Winter, welcher als Person verkörpert ist. Der Winter will natürlich nicht, dass Ursli zu der Glocke gelangt, denn das würde ja heissen, dass er ausgeläutet werden wird, und das will er auf keinen Fall. Ursli kann den Winter aber nicht ernst nehmen, da er schon sehr schwach ist und ihm bereits der Schneetau über das Gesicht läuft. Er rennt einfach weiter und der Winter verkriecht sich wieder. Flurina stösst mittlerweile auf den Wetterbaum, wo sie eine Pause einlegen will. Als sie sich darunter legen will, sieht sie, dass sich schon einige Tiere darunter versteckten und sie fragt freundlich, ob sie sich zu ihnen gesellen dürfe. Ursli findet die Glocke und nimmt sie mit, löst dadurch jedoch eine Lawine aus, die Flurina verschüttet. Er sucht nach ihr, findet sie schliesslich und gräbt sie aus. Die Lawine war nicht sonderlich schlimm, da der Winter ohnehin schon schwach war und die beiden machen sich auf den Heimweg. Mit seiner neuen, grossen und wunderschönen Plumpa läutet Ursli am nächsten Tag den Winter aus, welcher weinend davon rennt.
Die Inszenierung im Theater Basel von Tim Jentzen in Zusammenarbeit mit der Mädchen- und Knabenkantorei Basel und dem Komponisten und Librettisten Marius Felix Lange, nimmt die Zuschauer*innen mit auf diese Reise, auf der einem bestimmt nicht langweilig wird. Ich war gefesselt von dem Gesang der Kinder, wie auch den Eltern und dem Winter, weil ich noch nie eine Oper mit Kinder und Jugendlichen gesehen habe.
Das kleine Orchester, das links vor der Bühne sitzt, unterstreicht die ganze Geschichte mit schöner Musik, welche mich wirklich ein bisschen in meine eigene Kindheit zurückversetzt. Die Zusammensetzung von Bühnenbild, Kostüm, Musik und Schauspiel ist sehr harmonisch und passend.
Nun da ich weiss, dass es zwei Besetzungen gibt, wundert es mich, wie es mit der anderen Besetzung wirkt. Vielleicht will ja jemand von euch noch hingehen und mir davon berichten? Für Freunde von alten Kindheitsgeschichten und der Oper ist das Stück zu empfehlen, auch nur schon um zu sehen, wie viele talentierte junge Menschen es da draussen in der Welt eigentlich gibt. Ein BRAVO an alle, die bei der Premiere vom SCHELLENURSLI auf und hinter der Bühne standen!
Wer noch hingehen will: Es wird noch eine ganze Weile gespielt! Keine Idee für ein Weihnachtsgeschenk? Geh mal wieder ins Theater!
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