Magdalena Gräslund
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ASKESE ASKESE, BABY!
Magdalena GräslundDas Kind ist in den Brunnen gefallen, es führt kein Weg umhin: Wir müssen verzichten, wegstecken, unsere innigsten Bedürfnisse und Neigungen in die Tiefen der verbotenen Schublade vergraben. Wir müssen LEIDEN. Ja, es tut weh, wenn nur sieben Zuschauer*innen im Publikum sitzen dürfen. Ja, die spontane Seele schmerzt, wenn sie ihren Pappbecher erst beschriften muss. Und ja, das ist Schweiß an meiner Mund-und-Nasen-Maske, der mir gerade die Nasenspitze runtergetropft ist. Theater halbtot, Kantine zu und der Saal leer. Der Klimax an Leid jedes kulturinteressierten Herzens. Was aber am meisten schmerzt ist das harte Urteil der Vernunft, das alle Einbußen so klar und plausibel darstellt und den ihr entgegengesetzten Widerwillen ein bockiges Kind nennt. Dilemma! Interessenswiderspruch! Und wieder ist die Vernunft ein böser Zauberer, die grimmige Gewalt, ein kleiner Grießgram, diese Spielverderb…
KOPFTHEATER: Im Land der Relevanz
Magdalena GräslundHeute Thema im Kopftheater: Mein Kopf. Er ist ein bisschen überstrapaziert zurzeit, deswegen möchte ich ihn entleeren.Es war einmal vor langer, langer Zeit ein Land, in dem alles eines war: relevant. Es gab rein gar nichts, das nicht relevant war, es richtete sich alles nach diesem Prinzip. Die Arbeit der Bauer*innen war relevant, genauso wie die der Maler*innen, sogar das Schokofondue der Königin, das Werbegeschenk der örtlichen Versicherung und der Frosch im Brunnen: alles relevant. Die Leute redeten nur über das, was sie für wichtig erachteten und verloren keinen Gedanken darüber, was irrelevant war. Das klingt zunächst etwas erschreckend: was ist schon relevant, sagen die einen. Und die anderen neigen gerade zum glorreich Irrelevanten, weil es doch der kalten Effizienz des Alltags so schön trotzt. Ja, Relevanz klingt nach Zwang, nach dem Irrglauben des Fortschritts, nach Kalkulation…