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Zu Himmel und Hölle gefaltetes Papier liegt auf einem Tisch. Dazwischen sind drei Styroporbecher platziert. Eine Frau und ein Mann treten auf und ziehen sich wasserdichte weisse Hemden über. Sie nehmen die drei schwarzen Himmel und Hölle Papiere in ihre Finger. Musik spielt ein und sofort verwandelt sich das schwarze Papier zu den drei Hexen aus William Shakespeares Macbeth. Obwohl Macbeth Muet stumm gespielt wird, kann ein Kenner des Stücks jede Szene in der Inszenierung von La Fille du Laitier den jeweiligen Ereignissen zuordnen. Insgesamt ist dies ein visuelles Vergnügen.
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© Sophie Gagnon Bergeron

Styropor vermengt mit Theaterblut

Um dem Stück eine gewisse Struktur zu verleihen, verwendet die Inszenierung bedrucktes Haushaltspapier. In einer ersten Sequenz werden die Figuren vorgestellt. Macbeth und Lady Macbeth repräsentieren die zwei Spieler:innen. Banquo und seine Familie werden mit Styroportellern dargestellt, denen lustige Löcher für die Augen eingeschnitten sind. Macduff ist ein imposanter weiss angemalter Baseballhandschuh. König Duncan ein grosser Styroporbecher mit Papierwimpel. Als dieser ermordet wird, fliesst Theaterblut aus der Ritze im Boden des Bechers. Für alle, die Splatter mögen, ist dieses Theaterstück eine Augenweide.

Den mit Theaterblut wird viel hantiert. Jede Figur und Person, die im Stück stirbt, kriegt ihren Anteil davon ab. Sei es über eine Spritze, mit der Lady Macbeth die Stelle markiert, an der sie sich den Hals aufgeschnitten hat oder durch eine Schlacht von Theaterblut befüllten Styroporbechern, die den finalen Kampf zwischen Macbeth und Macduffs Heer darstellen. Auch wenn diese Beschreibung abschreckend wirken kann, Humor ist dem Stück eingeschrieben. Vor allem, weil die einzelnen Szenen, die erwartet werden, so ganz anders dargestellt sind, als dies üblicherweise der Fall ist.
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© Sophie Gagnon Bergeron

Hervorragender Dramaturgischer Aufbau

Insbesondere die Zwischensequenzen, die erzählen, was bei den einzelnen Familien geschah, bevor Macbeth König wurde, helfen der hervorragenden Dramaturgie. Wer hätte gedacht, dass Eier als grundlegende Erzählinstanzen dienen können. Für die Machbeths stehen sechs Eier auf dem Tisch. Das Paar versucht in allen möglichen Stellungen Kinder zu zeugen. Choreografiert als Zeitraffer in perfektem Timing überraschen sie zunächst. Alle sechs rohen Eier gehen kaputt. Ihr Inhalt zerfliesst auf dem Tisch. Wie wird folglich die Vision des Kindes in Lady Macbeths finalem Monolog umgesetzt? Mit einem leeren Ei. Bei Banquos wird ein Ei ausgebrütet, aber bei der Geburt stirbt die Mutter des Kindes. Worauf ihr Styroporteller zerdrückt wird.

Die letzte Familie, die Macduffs, zeugen ein Kind nach dem anderen, ein Nest wird vorsichtig mit einem Ei nach dem anderen befüllt. Sie alle werden bekannterweise von Macbeth ermordet, also zerdrückt. Banqos Frau, ein Kochlappen, wird so lange auf den Tisch gehauen, bis auch sie «tot» ist. Das Stück ist nur lustig, wenn man einen gewissen morbiden Humor mitbringt und wie gesagt William Shakespeares Fassung kennt. Aber unter diesen Voraussetzungen ist die Inszenierung hervorragend komisch.
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© Sophie Gagnon Bergeron

Rotes Finale

Die einzelnen Szenen kündigen sich durch Klingeln an. Im zweiten Akt beim Festmahl, sind atemberaubende Kampfszenen zwischen Macbeth und dem Geist von Banquo eingebaut. Sie führen alle zu gefährlichen Situationen für Lady Macbeth. Gegen Ende nach Lady Macbeths Freitod und bevor Macduff erscheint, schaut Macbeth gelangweilt ins Publikum. Er animiert die Klingel durch Fingerzeichen einige Szenen zu überspringen. Temporeich geht es daraufhin ins blutrünstige Finale. Eine rote Lampe im Hintergrund gibt den brennenden Wald. Macbeths Rüstung ist eine Schwimmbrille. Macbeth und Macduff liefern sich eine gut choreografierte Schlacht mit Theaterblut. In der Macbeth das Nachsehen hat. Er liess sich von der Prophezeiung der Himmel-Hölle-Hexen täuschen.

Macbeth Muet ist eine hervorragende Übertragung des Originals von Shakespeare auf das Theater der Dinge und ist sehr zu empfehlen.

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