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Unglaublich kreativ arbeitet das TMEL / Drama Label mit Leiterplatten. Wer hätte gedacht, dass mit ihnen Grossstädte gebaut werden können. Sie verwandeln sich aber auch in Einfamilienhäuser, Störche und Müllhalden. Neben der wundervollen Kreativität, stimmt auch der dramaturgische Aufbau ihres Stücks und deshalb ist die Adaption des berühmten tschechischen Märchens O jako Otesánek (O wie kleiner Otik) schlicht hervorragend.
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Teodor Alabozov

Kinderwunsch

Leiterplatten werden wie ein Puzzle auf einem Tisch zusammengesetzt. Sie ergeben eine Grossstadt. Eine Taschenlampe beleuchtet die unterschiedlichen Orte. Die Geräusche der Objektspieler:innen verraten ihre Funktion. Es sind ein Stadion, eine Oper, ein Bauernhof und ein Krankenhaus. Dann werden einige Leiterplatten vorsichtig entfernt und nur fünf, die mit dem Kamin, aus dem Industriegebiet bleiben. Sie werden hochgehoben und Schwups sind sie Einfamilienhäuser.
In diesen Einfamilienhäusern wohnen coole Männchen, die aus Sicherungen gebaut sind. An ihnen sind Eisenstäbchen angebracht. Über diese werden sie bespielt. Jede Bewegung ist so eindeutig und klar ausgeführt, dass zusammen mit den Geräuschen alle Emotionen beim Publikum ankommen. Dann fliegt der Storch über die Stadt. Er ist aus Leiterplatten, Fernsehantenne und Pinzette gebaut. Bei vier von fünf Häusern bringt er Nachwuchs, das fünfte geht leer aus. Sofort merkt das die Figur aus diesem Haus und rückt dem Storch auf die Pelle. Aber leider hilft alle Bemühung nichts.

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Teodor Alabozov

Erfüllung des Wunsches

Gemeinerweise spielen nun alle Eltern auch noch mit ihrem Nachwuchs. Beispielsweise Verstecken, wo eine ganze Horde Kinder mitmacht. Alles süsse kleine Sicherungen mit biegsamen Eisenstangen zur Bedienung. Ein richtiges Gewusel, echt spassig anzusehen. Ihr plötzliches Erscheinen lässt das Publikum lachen. Geknickt geht unsere Hauptfigur auf den Schrottplatz, der aus vielen Leiterplatten besteht, und sucht sich dort ein Kind. Erwähnenswert sind die gemütlich herumlaufenden Arbeiter. Jeder eine andere Gangart und ein anderes Arbeitstempo. Beim Durchwühlen der Müllhalde findet die Hauptfigur etwas Ton. Die kleine Tonkugel wird zum Kind erkoren.
Der süsse Nachwuchs wird aber dummerweise wirklich lebendig und hat Heisshunger auf alles. Er frisst erst Kleinigkeiten, dann die Nachbarn, dann den eigenen Elternteil. Alle im Stadion, der Oper, im Bauernhof und im Krankenhaus. Was durch einen grossen Tonklumpen auf jedem einzelnen Stadtgebiet mit Taschenlampe beleuchtet wird. Die Geräusche machen die tragische Situation lustig und leicht, sie können aber leider hier nicht wiedergegeben werden. Um die ganze Stadt zu symbolisieren, kriegt die Tonkugel eine kleinere Version von einer grösser eingeführten Leiterplatte. Am Ende hat Otik den ganzen Planeten gefressen und diesen ersetzt. Für das Publikum ein Sonnensystem mit vielen Tonkugeln, das Rechteck aus Leiterplatten wird mit einer Tonkugel ersetzt. TMEL / Drama Label erzählt ein tragisches Märchen auf unglaublich kreative und witzige Weise. Selbst wenn sie diesen Artikel gelesen haben, dürfte sie das Stück noch überraschen.

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